Die neue LAGA M 23 - Fassung 11/2022: 85 Seiten geballter Vollzug bei asbesthaltigen Abfällen
Vollzugshilfe von 32 auf 85 Seiten (!) gewachsen | Implementierung mehrstufiges Konzept | Abschneidekriterium Asbestfreiheit
Ein weiterer Meilenstein im Umgang mit asbesthaltigen Produkten wurde am 08.05.2023 auf der Website der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) veröffentlicht: Die druckfrische LAGA M 23 - Vollzugshilfe zur Entsorgung asbesthaltiger Abfälle.
Auf insgesamt 85 Seiten (Vorgängerversion 32 Seiten) wird das Thema "Entsorgung asbesthaltiger Abfälle" thematisiert und neu konzipiert. Im Rahmen dieses Fachartikels werden wir nicht auf sämtliche Änderungen und Inhalte eingehen können, dafür ist der Umfang schlichtweg zu groß. Aber: Wir freuen uns, Ihnen eine kompakte Zusammenfassung der entscheidenden Kapitel zur Verfügung zu stellen.
Hier können Sie die aktuelle Version der LAGA M 23 downloaden:
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Hintergrund, Rechtlicher Rahmen & Struktur der neuen LAGA M 23
Hintergrund der Überarbeitung
Die alte Version der LAGA Mitteilung 23 (Ausgabestand Juni 2015) enthielt "nur" Vollzugshinweise für asbesthaltige Abfälle, die aus der Demontage von Bauteilen wie Spritzasbest, Asbestfaserzementerzeugnissen und asbesthaltigen Bauelementen stammen. Darüber hinaus liegen heute neue Erkenntnisse darüber vor, dass in der Vergangenheit eine Vielzahl asbesthaltiger Baustoffe (z. B. Spachtelmassen, Farbanstriche und Abstandshalter für Betonbewehrungen) verwendet wurden, deren mögliche Asbestbelastung nicht durch bloße Inaugenscheinnahme zu ermitteln ist. Bei Baumaßnahmen können somit gering asbesthaltige Bau- und Abbruchabfälle anfallen, die erkannt und grundsätzlich aus dem Stoffkreislauf ausgeschleust werden müssen.
Insbesondere die große Thematik der gering belasteten Bau- und Abbruchabfälle (Stichwort "PSF" - Putze, Spachtelmassen, Fliesenkleber), welche bereits seit Jahren im Rahmen vieler gesetzlicher Nachjustierungen diskutiert wurde, erforderte auch bzgl. der Abfallverwertung und Recycling eine dringliche Anpassung. Nicht zuletzt auch aufgrund des Ziels, ein Maximum an Bau- und Abbruchabfällen dem Recyclingzyklus als wertvolle Rohstoffe wieder zuzuführen, ist diese neue Version der LAGA M 23 eine gelungene Grundlage mit guten Antworten zur Konzeption, Vorgehen und Einstufung von asbesthaltigen Stoffen.
Rechtlicher Rahmen
Die LAGA M 23 gilt für den Umgang mit asbesthaltigen Abfällen, insbesondere bei Rückbau, Lagerung, Behandlung und Entsorgung, gibt Hinweise zur Beförderung und soll zu einem bundeseinheitlichen Vorgehen nach dem Stand der Technik führen.
Unter 2.1 "Anwendungsbereich" heißt es: "Diese Vollzugshilfe soll insbesondere den Vollzugsbehörden, in Erläuterung der abfallrechtlichen Vorschriften, als Prüfungs- und Entscheidungsgrundlage dienen...".
Bedeutet das, dass dies lediglich eine Hilfestellung für Behörden darstellt? Die TRGS 519 als Konkretisierung der GefStoffV verweist explizit auf diese Vollzugshilfe. Somit hebt dieser Verweis die LAGA M 23 auf das Niveau einer anerkannten Regel der Technik. Abzuwarten bleibt, ob die Neuauflage der Gefahrstoffverordnung (kommt im Sommer 2023 - Hier unser Fachartikel dazu >>) auf die LAGA M 23 direkt/indirekt verweisen wird.
Struktur & Inhaltsverzeichnis LAGA M 23
In der Überarbeitung wurde die Struktur deutlich überarbeitet und erweitert. Die Hauptgliederung der Kapitel gestaltet sich wie folgt (in Klammern: Unsere Kommentierung/Ergänzung):
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Wesentliche & wichtige Inhalte der neuen LAGA M 23
Die wichtigsten Inhalte der Neufassung der LAGA M 23 werden stichpunktartig zusammengefasst (in Klammern ist jeweils der entspr. Abschnitt):
1. Klarere Hervorhebung von geogener Belastung & absichtlich zugeführtem Asbest
Natürlich vorkommende mineralische Rohstoffe (man spricht auch von geogener Belastung - z.B. Speckstein oder Basalt) dürfen bis zu einem Asbestmassegehalt von 0,1 M.-% in Verkehr gebracht und wieder recycelt werden, wohingegen Produkte, denen Asbest zur Erzielung der technischen Eigenschaften zugesetzt ist, nicht wieder in Verkehr gebracht und somit nicht recycelt werden dürfen, auch wenn der Asbestmassegehalt unter 0,1 M.-% liegt (vgl. Abschnitt 2.2).
2. Gelungene Kategorisierung von unterschiedlichen Bau- und Abbruchabfällen
Im Abschnitt 3.2 wird 1. eine Kategorisierung zwischen separierbaren und unseparierbaren asbesthaltigen Baustoffen unternommen und 2. diese z.T. branchenspezifisch strukturiert und beschrieben (Verkehrswegebau; Schadensfälle & Naturkatastrophen; Bodenmaterial; Geräte & Gerätebauteile) (vgl. Abschnitt 3.2).
3. Anlassbezogene Erkundung & klarer Verweis auf die VDI 6202 Blatt 3
Wie in dem Referentenentwurf zur neuen GefStoffV (vgl. oben unseren Fachartikel hierzu), wird auch in der LAGA M 23 der Generalverdacht (Stichwort 31.10.1993) statuiert, wenngleich hier leider noch kein konkreter Verweis auf die noch nicht verabschiedete GefStoffV erfolgen konnte. Interessant im Rahmen der systematischen Beprobung von Gebäuden oder Anlagen auf asbesthaltige Produkte ist der häufige Verweis auf die VDI 6202 Blatt 3 und stellt im Abschnitt 4.3 fest: "Eine Erkundung nach technischen Standards ist die Basis für die ordnungsgemäße Separierung von Schadstoffen."
Die VDI 6202 Blatt 3 ist erst seit September 2021 raus (Unser Fachartikel zum Thema >>) und bekommt spätestens mit dem Verweis der LAGA M 23 eine deutlich gesteigerter Beachtung im Sinne eines Standes der Technik. Es bleibt abzuwarten, ob hier die neue GefStoffV und die damit verbundene Neuauflage der TRGS 519 (kommt direkt im Anschluss!) auf die VDI 6202 Blatt 3 verweist. Spätestens dann wird der "Standarduntersuchungsumfang" der VDI, welcher z.T. zu erheblichen Mehraufwänden im Rahmen der Beprobung führt, wohl das Maß der Dinge (vgl. Abschnitt 4.3 & andere).
4. VDI 3876 als Empfehlung der LAGA M 23
Für die Aussage, ob ein Baustoff oder ein Haufwerk von mineralischen Bau- und Abbruchabfällen als asbestfrei eingestuft werden kann, eignen sich die Untersuchungsverfahren nach VDI 3866 Bl. 5 und VDI 3876. Die Untersuchungsmethoden entsprechen den abfallrechtlichen Vorgaben, nach denen die Beurteilung eines Abfalls nach seinen inhärenten gefährlichen Eigenschaften zu erfolgen hat (worst-case-Betrachtung). Ein weiteres Verfahren zur Asbestuntersuchung ist das in der TRGS 517 genannte IFA-Verfahren 7487.
Im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wurde die praktische Anwendbarkeit des Untersuchungsverfahrens nach VDI 3876 auch im Vergleich zu dem IFA-Verfahren 7487 für Recyclingmaterial aus Bauschutt in einem Forschungsprojekt gegenübergestellt und auf Aussagekraft und Validität geprüft. Das Forschungsprojekt hat gezeigt, dass das Verfahren gemäß VDI 3876 insgesamt zur Feststellung von geringen Asbestgehalten in Bauschuttproben gut geeignet ist. Klicken Sie auf die nebenstehende Grafik, um diese zu vergrößern (vgl. Abschnitt 4.6 & andere).
5. Einer der wichtigsten Abschnitte der LAGA M 23: Abgrenzung asbestfrei und asbesthaltig für Bau- und Abbruchabfälle
Die Entscheidung, ob ein Baustoff, Bauteil oder Bauwerk mit Blick auf den geplanten Rückbau und die anstehende Entsorgung der Bauabfälle als asbestfrei eingestuft werden kann, kann auf der Basis unterschiedlicher Vorgehensweisen getroffen werden. Nachfolgend sind 4 Fälle aufgeführt, wovon mindestens einer erfüllt sein muss, um eine Asbestfreiheit im Sinne der LAGA M 23 sicherzustellen:
Die LAGA M 23 gibt hier also eine klare Systematik vor und deckt sich mit den Vorgaben der neuen Gefahrstoffverordnung: Sämtliche Baumassen, welche Asbest enthalten könnten und vor Oktober 1993 verbaut worden sind, stehen unter Generalverdacht! Nur eine systematische Beprobung und anschließende Analyse kann diesen Verdacht widerlegen (vgl. Abschnitt 5 & andere)
Abschneidekriterium bei Asbest - Verwendung als RC Baustoff
Erklärtes Ziel der neuen LAGA M 23 ist es, einen möglichst großen Teil der anfallenden Bau- und Abbruchabfälle gemäß §§ 6 + 7 KrWG einer hochwertigen Verwertung als RC-Baustoff zu ermöglichen. Hierzu wird in der neuen LAGA M 23 ein Abschneidekriterium eingeführt, welches insbesondere mit Hilfe der klaren Definition einer "Asbestfreiheit" als Konvention die Recyclingfähigkeit an einen konkreten Wert knüpft.
Die Kurzversion: Es wird ein Beurteilungswert von 0,010 M.-% eingeführt, welcher bei Unterschreitung eine "Asbestfreiheit" definiert und in der Folge einen recyclingfähigen Baustoff deklariert. Wir haben die Beurteilungswerte in der nachfolgenden Grafik für Sie aufbereitet. Auffällig ist hier, dass ein Beurteilungswert zwischen > 0,010 M.-% < 0,1 M.-% zwar als "nicht gefährlicher Abfall" (z. B. Abfallschlüssel 17 01 01 gem. AVV) eingestuft wird, dieser jedoch trotzdem beseitigt werden muss.
Klicken Sie auf die Grafik, um diese zu vergrößern:
Wenn in einem Bauwerk asbesthaltige Bauteile oder Baumaterialien verbaut worden sind und eine Abtrennung nicht möglich ist (z.B. bei asbesthaltigen Abstandhaltern), könnte sich dennoch rechnerisch bezogen auf die Gesamtmasse des Abfalls ein Asbestanteil unterhalb des Beurteilungswertes (< 0,010 M.-%) ergeben.
Dies führt jedoch nicht dazu, dass der resultierende Abfall als asbestfrei eingestuft werden kann, da bei unterbliebener Separierung die Ausschleusung der asbesthaltigen Baustoffe nicht sichergestellt ist.
Das nebenstehende Schema fasst das Vorgehen beim Umgang mit dem Stoffstrom „Bauschutt“ beim Rückbau von Bauwerken, die asbesthaltige Baustoffe enthalten können, und zur diesbezüglichen Zuordnung zu den Abfallarten nach der AVV zusammen.
Klicken Sie auf die Grafik, um diese zu vergrößern:
Tabellarische Auflistung der häufigsten Fallkonstellationen bei asbesthaltigen Abfällen
Auf fast 20 Seiten im Anhang 1 Tabelle 2 ist eine tabellarische Auflistung von häufig vorkommenden asbesthaltigen Abfällen mit den jeweiligen Regelentsorgungswegen sowie Hinweise zum Umgang aufgeführt. Eine sehr gelungene Übersicht finden wir, zumal die Fließtexte der LAGA M 23 z.T. sehr "verweislastig" und sportlich zu lesen sind. Hier ein Ausschnitt der Tabelle 2:
Unser Service für Sie: Formblätter zur Dokumentation der Asbestfreiheit - als Wordformat & pdf-Format
Im Rahmen der Dokumentation zur Asbestfreiheit gemäß Abschnitt 6.3 sowie Anhang 2 LAGA M 23 werden vorgaben im Anhang 6 gemacht. Hier werden zwar die Inhalte vorgegeben, jedoch leider kein dazugehöriges Formblatt konzipiert. Wir waren hier fleißig und stellen Ihnen unsere beiden entwickelten Formblätter als Word- & pdf-Dokument zur Verfügung. Gerne passen Sie diese an Ihre Gegebenheiten an und nutzen diese für zukünftige Dokumentationen:
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Wie bereits oben erwähnt, ist aufgrund der Vielzahl der Änderungen und Ergänzungen eine komplette Zusammenfassung nur bedingt möglich. Wir arbeiten derzeit an diversen Formaten, welche für Sie ein gezieltes Schulungsangebot - auch zum Thema LAGA M 23 - bereit hält.
Die neue LAGA M 23 bietet mehr Klarheit im Umgang mit asbesthaltigen Abfällen. Was immer noch fehlt, ist der große Wurf bei der neuen Gefahrstoffverordnung. Im Sommer soll es soweit sein. Theoretisch... Wir halten Sie auf dem Laufenden!🙂
Herzlichst
Ihr Volker Eink
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